Das Handwerk „Schauspiel“ basierend auf der Meisner Technik

Ein Crashkurs für Regisseur*innen

 

 

Der Beruf des Regisseurs und der Regisseurin hat sich naturgemäß zusammen mit der gesamten Film- und Fernsehbranche in den letzten Jahrzehnten sehr verändert.

 

Früher lag der Schwerpunkt der Regiearbeit neben der künstlerischen Verantwortung für das Projekt vor allem in der Führung der Schauspieler*innen, der Arbeit an deren Rollen und der Entwicklung des Zusammenspiels der Figuren am Set.

Heute geben Zeitdruck und vollgestopfte Drehpläne immer mehr den Takt an, und viele technische Neuerungen wollen in die Arbeitsprozesse mit einbezogen werden.

 

Kein Wunder also, dass das, was einen guten Film eigentlich ausmacht, nämlich eine authentische, lebensechte Darstellung die ein Publikum berührt, mitunter auf der Strecke bleibt.

 

Es ist oft einfach nicht genug Zeit und Aufmerksamkeit für die Schauspieler*innen übrig.

 

Dabei steht und fällt authentisches Spiel u.a. mit dem richtigen Feedback, mit den richtigen Anweisungen zur rechten Zeit durch eine gute Regie.

 

Wie also kann ein Regisseur oder eine Regisseurin allen Anforderung gerecht werden und trotzdem aus den Schauspieler*innen das herausholen, was in der jeweiligen Situation verlangt wird ?

 

Nun, es ist bestimmt von Vorteil mehr und mehr zu erkennen, wie Schauspieler*innen ticken, was sie brauchen, um eine vorgestellte Situation wirklich leben zu können und worauf es ankommt, um authentisch handeln zu können. Ein Regisseur oder eine Regisseurin muss nämlich immer schneller beobachten, die Herausforderungen der Schauspieler*innen sofort begreifen und Regieanweisungen hilfreich formulieren können.

 

Was also wäre besser dazu geeignet, Schauspieler*innen noch besser verstehen zu lernen, als selbst einmal in die Rolle der Darsteller*innen zu schlüpfen, Schauspieltechniken auszuprobieren und am eigenen Leib zu erfahren, womit sich gute Schauspieler*innen auseinandersetzen sollten? Ein Regisseur oder eine Regisseurin, der oder die die Prozesse versteht und selbst trainiert hat, wird davon profitieren und seine oder ihre Möglichkeiten ausbauen können, Schauspieler*innen gut zu inszenieren.

 

Ich habe selber oft den Unterschied erfahren, wie man durch wenige, gezielte Worte einer guten Regie mehr aus einer Rolle und seinem Spiel herausholen kann, oder aber auch ohne fundiertes Feedback alleine gelassen wird und so unter seinen Möglichkeiten bleibt.

 

Deshalb habe ich mir vorgenommen, gezielt Kurse für Regisseur*innen bzw. Regiestudent*innen anzubieten, die noch mehr über das Handwerk Schauspiel erfahren wollen, um so in der kurzen Zeit, die am Filmset bleibt, präzise und sinnvolle Anweisungen geben zu können.

 

Als Basis dafür dient mir die von Sanford Meisner entwickelte Technik.

Der Kurs ist sowohl als gemischter Schauspieler-Regie Kurs, als auch als reiner Regie Kurs denkbar.

 

 

 

Warum gerade Meisner ?

 

Es gibt für Schauspieler sicher verschiedene Herangehensweisen und Methoden ihr Spiel zu verbessern.

Ich möchte kurz erläutern, weshalb ich glaube, dass insbesondere das Meisner Training gerade auch für Regisseur*innen besonders wertvoll ist:

 

Meisners Technik sensibilisiert unter anderem für folgende Themen:

 

 

1.“Acting is reacting“:

 

Schauspieler*innen neigen oft dazu, in ihrem Spiel so sehr mit sich selbst beschäftigt zu sein, daß sie nicht mehr offen für Impulse von außen sind. Sie reagieren nicht auf ihr Gegenüber, hören nicht zu und fangen an zu gestalten und sich zu verstellen. Und das wirkt unnatürlich.

 

Im Kurs lernen wir an uns selbst, warum das so ist und wie es sich anfühlt, die Aufmerksamkeit nach außen zu richten, wirklich zuzuhören und unvoreingenommen auf ein Gegenüber zu reagieren. Wir schärfen unsere Wahrnehmung in den Übungen und durch die Beobachtung der Übung an anderen, um aufgesetztes Verhalten sofort erkennen und dementsprechend einschreiten zu können. Außerdem finden wir heraus, wie man gezielt helfen kann, wenn ein Schauspieler oder eine Schauspielerin im Kopf festhängt und dadurch nicht offen ist für ein organisches Zusammenspiel.

 

 

2. „Acting is doing“:

 

Einer der häufigsten Fehler, den Schauspieler*innen machen ist, Handlungen vorzutäuschen oder zu verzerren, indem sie Dinge nicht einfach machen, sondern künstlich noch etwas dazu tun. Ganz deutlich fällt das zum Beispiel auf, wenn sie in einer Szene essen. Sie essen nicht einfach, sondern zeigen, daß sie gerade essen. Auch wenn es nur minimal ist, die Kamera entlarvt das immer als unechtes Verhalten und das zerstört die Magie des Films.

Im Kurs probieren wir aus, wie sich authentisches Handeln anfühlt, wir beobachten, warum Handlungen so wichtig sind, was es braucht, um in einer künstlich hergestellten Situation etwas wirklich zu tun und wie entscheidend „The Reality of Doing“ für eine Szene ist.

 

 

3. „Acting is living truthfully under imaginary circumstances“:

 

Die gegebenen äußeren Umstände einer Szene zu kennen, zu verinnerlichen und sie als wahr anzunehmen, ist die Voraussetzung für authentisches Spiel und letzten Endes auch für eine gute Regie.

Das Ziel ist es, daß Schauspieler*innen im Hier und Jetzt, in diesem Moment innerhalb der erarbeiteten äußeren Umstände wahrhaftig re-agieren können.

Im Kurs erarbeiten wir die äußeren Umstände einer Szene und lernen, innerhalb dieser Umstände natürlich zu handeln und eine Situation tatsächlich zu leben. Durch die Erfahrung am eigenen Leib und in der Beobachtung der anderen werden wir herausfinden, welche Regieanweisungen förderlich sind und welche nicht.

 

 

Zum Schluß sei noch gesagt:

 

„Acting is fun, don´t let that get around.“  Sanford Meisner

 

Vielleicht läßt sich der eine oder andere abschrecken, einmal in die Schuhe von Schauspielern zu schlüpfen, weil er oder sie vielleicht Berührungsängste hat. Das Gute an der Meisner Technik ist, daß man sich vordergründig gar nicht so sehr mit seinen Emotionen auseinandersetzen muss. Anders als bei Lee Strasbergs Methode, die darauf abzielt, persönliche intensive Erfahrungen zu erinnern, um eine emotionale Reaktion in einer Szene zu erzeugen, sind bei Meisner Impulse und Emotionen eine Begleiterscheinung, die von selber entstehen. Meine Erfahrung hat mir gezeigt, daß dieser Prozess ein befreiender ist, der großen Spaß machen kann und letzten Endes leicht geht.

Außerdem ist die Meisnertechnik eine hervorragende Möglichkeit, nicht nur den Beruf, sondern auch sich selbst spielerisch besser kennenzulernen, emotionale Freiheit zu erfahren und sich persönlich weiterzuentwickeln.